Bei diesen Beispielen handelt es sich weder um Best Practices, noch um Handlungsempfehlungen. Nutzen Sie sie, um besser zu verstehen, wo Ihr Unternehmen im Hinblick auf eine disziplinierte Strategieumsetzung steht und was verbessert werden kann.
Begrifflichkeit: Balanced Scorecard
In den meisten Fällen ist das erklärte Ziel des Scorecard-Projekts eine effizientere und effektivere Strategieumsetzung. Viele Organisationen bezeichnen dieses Projekt als „Balanced Scorecard“, aber in den meisten Fällen haben diese Scorecards wenig mit der Kaplan & Norton Balanced Scorecard zu tun. Um auf sicherem Boden zu bleiben, könnte man die Begriffe „Strategie“ oder „Business“ Scorecard verwenden.
Im Folgenden beschreibe ich einige typische Fälle, und wie immer lade ich alle Unternehmensexperten ein, ihre eigenen Beispiele in den Kommentaren zu geben. Wenn Sie auf der Suche nach mehr theoretischen Hintergründen zur Kaskadierung sind, dann schauen Sie sich diesen Artikel an.
Fall 1 – Keine formale Strategie-Scorecard
Strategieumsetzung und strategische Agilität sind nicht notwendig, um eine Art Scorecard zu erstellen. Es gibt erfolgreiche Unternehmen, in denen die Mitarbeiter ein ausgezeichnetes Verständnis ihrer Rolle bei der Strategieumsetzung des Unternehmens haben.
In diesen Unternehmen ist die Strategiediskussion eine Art natürliche tägliche Routine, und sie kommen auch ohne eine formale Herangehensweise an die Strategie gut zurecht. Der Bedarf an einer Strategie-Scorecard entsteht, wenn die Dinge komplexer werden.
Fall 2 – Der Scorecard-Guru-Berater erledigt die ganze Arbeit
Ich hatte das Glück, nicht selbst mit solchen Fällen arbeiten zu müssen, aber ich weiß, dass es sie gibt. Die Schlüsselrolle in dem Projekt spielt ein externer Experte, der die Scorecard erstellt; die Scorecard wird dann in Form von vielen miteinander verbundenen Kennzahlen geliefert. Es ist keine Überraschung, dass dieses Projekt von der Strategie eines Unternehmens abgekoppelt ist und bei der Umsetzung der Strategie nicht hilft.
Sehr schnell verstehen Top-Manager, dass ein Scorecard-Guru zwar etwas über den technischen Teil weiß, aber um eine gute Strategie-Scorecard vorzubereiten, müssen sie sich aktiver am Projekt beteiligen.
Fall 3 – Top-Manager sind nicht überzeugt
Eine Variation des „Guru“-Falles. Die „Scorecard“ könnte von einem externen Berater oder jemandem aus dem Unternehmen entwickelt werden, aber aufgrund des Mangels an Unterstützung seitens der Unternehmensleitung ist das Projekt eine Totgeburt.
Formal existiert die Scorecard, und wahrscheinlich werden die KPIs einmal im Jahr aktualisiert, aber es gibt keine wirklichen Auswirkungen auf die Umsetzung der Unternehmensstrategie.
Fall 4 – Vom „Balanced Scorecard-Administrator“ entworfene Scorecard
Dies ist einer der beliebtesten Ausgangspunkte. In der Firma erscheint die Rolle eines „BSC-Administrators“. Diese Person soll alles tun, was mit der Scorecard zu tun hat: Normalerweise liegt ein Schwerpunkt auf den KPIs und der Dateneingabe.
Eine Strategiekarte könnte ein Ergebnis eines solchen Projekts sein, aber es wird mehr um eine Karte als um eine Strategie gehen. Dieser Ansatz kann eine Zeit lang funktionieren, aber wenn nichts geändert wird, wird das Projekt als ein weiteres grundlegendes KPI-Dashboard enden.
Fall 5 – Abteilungen senden ihre Leistungsdaten
Dies ist eine verbesserte Version des „BSC-Administrator“-Falles. Die Geschäftseinheiten beginnen, den BSC-Administrator mit Leistungsdaten zu versorgen. Die Top-Manager versuchen, ihre strategischen Ideen in irgendeiner Weise zu „übersetzen“.
Diesem Modell mangelt es normalerweise an Engagement von Seiten der Mitarbeiter, da ihre Rolle auf die Eingabe der Leistungsdaten beschränkt ist. Die Beteiligung der Top-Manager basiert auf dem Top-to-bottom-Ansatz. Die Ideen werden in irgendeiner Weise auf die unteren Ebenen übertragen, aber von den Abteilungen kommt kein wirkliches Feedback.
Fall 6 – Ansicht-Benutzer aus den Abteilungen
Eine leichte Verbesserung gegenüber dem vorherigen Fall wird durch das Hinzufügen von „Nur-Ansicht“-Benutzern aus verschiedenen Abteilungen erreicht. Sie müssen ihre Zeit nicht mit der Eingabe von Leistungsdaten verbringen, sondern nutzen die Scorecard-Software, um ihren Teil des Scorecard-Projekts zu überprüfen. Im besten Fall kann dieser Ansatz für die Berichterstattung unter Verwendung der Scorecard verwendet werden, aber es gibt noch keine wirkliche Diskussion über eine Strategie.
Komfortzone
Dieser Fall ist für viele Organisationen eine Komfortzone: die Dinge sind in Bewegung, Berichte werden regelmäßig erstellt, einige nette Strategiekarten und Dashboards geben einen Eindruck vom laufenden Prozess… Leider werden wir in solchen Fällen keine Verbesserung des Verständnisses und des Engagements für die Strategie der Organisation feststellen können.
Fall 7 – Kaskadierung nach KPIs
Dieser Fall stellt einen typischen „Verbesserungsversuch“ dar. Manager versuchen, die Kontrolle über die Strategie-Scorecard zu übernehmen, indem sie sich auf KPIs konzentrieren. Viele „Index-“ und „aggregierte“ Kennzahlen erscheinen auf der Scorecard. Das Management beginnt damit, hochrangige Kennzahlen in die kleineren zu unterteilen, die den Geschäftsbereichen zugeordnet sind.
Diese Art der Kaskadierung funktioniert in den seltenen Fällen gut, in denen Geschäftseinheiten nur kleinere Klone des Hauptunternehmens sind.
Fall 8 – Verzerrung der Rechenschaftspflicht
Eine weitere Variante der übertriebenen Konzentration auf die KPIs ist die Verzerrung der Rechenschaftspflicht. Eine Organisation konzentriert sich auf die Leistungskennzahlen, die den für die Aufgabe verantwortlichen Personen zugeordnet sind. Manager steuern die Prozesse ausschließlich über die KPIs.
Dies könnte als Lösung für einige operative Herausforderungen funktionieren, hat aber wenig mit einer Strategie zu tun. Unternehmen, die sich zu sehr an diesem KPI-gesteuerten „Zuckerbrot und Peitsche“-Modell orientieren, werden schnell feststellen, dass ihre Mitarbeiter versuchen, das System in irgendeiner Weise zu manipulieren.
Fall 9 – Verlagerung von KPIs auf eine Strategie
Eine Organisation kann bedeutende Fortschritte erzielen, wenn sie ihren Schwerpunkt von den KPIs auf die Unternehmensziele und -strategie verlagert. Auf den ersten Blick bleibt der Ansatz die gleiche, aber die interne Logik beginnt sich zu ändern.
Das Management versteht, dass der „BSC-Administrator“ nicht für die Formulierung von Strategie und Geschäftszielen verantwortlich sein kann. Die formelle Diskussion um die Strategie hat gerade erst begonnen. Das ist eine qualitative Verschiebung von einer KPI-Scorecard zur Strategie-Scorecard.
Fall 10 – Strategie durch „Wasserfall“-Modell kaskadiert
Die Diskussion beginnt das gesamte Strategie-Scorecard-Projekt zu dominieren. Aber in den meisten Fällen wird die Strategie durch ein „Wasserfall“-Modell von oben nach unten kaskadiert. Ein typisches Problem in dieser Phase ist das Engagement der Mitarbeiter.
Die Ziele und KPIs, die von den obersten Ebenen kommuniziert werden, entsprechen nicht den tatsächlichen geschäftlichen Herausforderungen und werden von den Managern auf Linienebene nicht akzeptiert.
Fall 11 – Die Strategie-Scorecard ist ein Produkt der Diskussion
Nach einem gewissen kulturellen Wandel beginnen die Mitarbeiter des Unternehmens zu erkennen, wie sie zum Gesamterfolg beitragen können. In den meisten Geschäftsbereichen erscheint eine Rolle des Scorecard-Umsetzers. Diese Person ist bereit, für einen bestimmten Teil der Strategie zu kämpfen. Eine Strategie wird zum Produkt einer disziplinierten Diskussion.
Der Ideenfluss findet sein Gleichgewicht, wobei etwa 60% der Ideen von oben nach unten übersetzt und 40% von den Linienmanagern vorgeschlagen werden. Der Kennzahlteil der Scorecard wird viel schlanker.
Fall 12 – Experimente mit Kaskadierung/Ausrichtung
Eine Variation des vorherigen Falls. Eine Organisation erkennt den Nutzen eines richtigen Kaskadierungsprozesses. Die Veränderung wird oft auch auf der Ebene der Terminologie bemerkt: Die Unternehmensleitung versteht die Grenzen der von oben nach unten verlaufenden „Kaskadierung“ und verwendet stattdessen den Begriff „Ausrichtung“.
Die Ausrichtung erfolgt nach der Struktur der Organisation, der Geographie oder nach strategischen Themen.
Schlusswort
Ich spreche mich nicht für irgendeinen Fall aus, da es keine „Einheitslösung“ gibt. Jede Organisation muss ein Gleichgewicht zwischen den Vorteilen des disziplinierten Strategieumsetzungsansatzes und den neuen bürokratischen Routinen finden, die damit verbunden sind.
Kennen Sie weitere typische Fälle der Umsetzung der Business Scorecard? Zögern Sie nicht, in den Kommentaren davon zu berichten.

BSC Designer ist eine Balanced Scorecard-Software, die Unternehmen dabei hilft, ihre Strategien besser zu formulieren und den Prozess der Strategieumsetzung mit Kennzahlen greifbarer zu machen.